Aktuell

Es gibt zwei Methoden um den Gesundheitszustand der Leber bei Menschen mit Hepatitis C zu messen: traditionell mit einer invasiven Gewebeprobe (Biopsie), oder modern mit einem nicht-invasiven Fibroscan. Die Patienten muss man nicht fragen was sie lieber haben: der Fibroscan ist einfach und viel angenehmer als die Gewebeprobe. Die Kohortenstudie verglich die Genauigkeit verschiedener nicht invasiver Methoden mit der Biopsie. Das Ergebnis: Vor allem eines der nicht-invasiven Nachweisverfahren ist allen anderen, inklusive der Gewebeprobe überlegen.

An fünf verschiedenen Abteilungen in St. Gallen, Bern und Zürich wurden mehrere nicht-invasive Testverfahren (NIT) zur Diagnose des Fortschreitens einer Leberfibrose und Zirrhose als Folge der Hepatitis C-Infektion untereinander und mit der bisher als Gold-Standard geltenden Leberbiopsie verglichen. Die Studie wurde an HIV/HCV-Ko-infizierten durchgeführt, da bei diesen Patienten die Fibrose am schnellsten fortschreitet. Die Biopsie gilt als am zuverlässigsten, weil man dabei eine kleine Menge Lebergewebes aus dem Körper entnimmt, diese so genauer untersuchen kann und viele Informationen über den Gesundheitszustand der Leber erhält. Allerdings ist sie eben invasiv (d.h. bedingt einen kleinen Eingriff zur Entnahme) und birgt entsprechend gewisse Risiken, wie Blutungen (abhängig von der Gerinnungs-Situation des Patienten) und Verletzungen der Nachbarorgane. Deswegen sind die Ärzte bestrebt, diese Diagnosetechnik durch weniger belastende und auch preisgünstigere Techniken zu ersetzen. Ein weiteres Augenmerk wurde auch der Verlaufskontrolle und dem Fortschreiten der Fibrose geschenkt. 

Die meisten der nicht-invasiven Verfahren untersuchen sehr spezifische Parameter im Blut, die am weitesten verbreitete Alternative zur Biopsie, die ‚Transiente Elastographie‘ benötigt eine Art Ultraschall-Gerät, den ‚FibroScan’. 

Die Schlussfolgerung der Studie ist relativ klar. Die untersuchten Blutparameter, die mit dem Fibrosegrad korrelieren sollen, sind weniger aussagekräftig, als der Ultraschall-basierte FibroScan, der die verlässlichsten Resultate liefert. Der FibroScan lieferte sowohl zuverlässige Resultate zur Diagnose einer fortgeschrittenen Fibrose als auch zur Zirrhose. Eine Verlaufskontrolle 3 Jahre nach der ersten Messung zeigte, dass beim Grossteil der HIV/HCV ko-infizierten Patienten der Fibrosegrad nicht wesentlich fortgeschritten war. Diese Beobachtung zeigt, dass HCV eine langsam fortschreitende Infektion ist. 

Zusammenfassend unterstützen die Resultate die neuen Empfehlungen der EASL 1 , in erster Linie auf nicht-invasive Verfahren bei der Diagnose und zur Verlaufskontrolle einer Leberfibrose einzusetzen. 

Für die Patienten sind das sehr gute Nachrichten. Das Bundesamt für Gesundheit wollte noch vor einem Jahr eine HCV-Therapie bloss aufgrund einer durch Gewebeprobe bestimmten fortgeschrittenen Lebererkrankung bewilligen. Diese Studie zeigt definitiv, dass es auch anders geht. 

Walter Bärtschi, David Haerry / Februar 2016

1) EASL: European Association for the Study of the Liver, die europäische Fachgesellschaft der Hepatologen

Alle modernen HCV-Therapien trumpfen mit Heilungsraten von über 95% für die Genotypen 1 und 4 auf. Man darf sich deshalb fragen, ob überhaupt weitere und nochmals verbesserte HCV-Therapien entwickelt werden sollen. Am Kongress wurden verschiedene Doppel- und Dreifachkombinationen vorgestellt und diskutiert. Einige Moleküle sind in der Entwicklung bereits weit fortgeschritten, andere noch in einem frühen Stadium. Sie versprechen weitere Fortschritte unabhängig vom Genotyp, insbesondere auch für Genotyp 3; höhere Resistenzbarrieren und nochmals eine kürzere Therapiedauer.

An dieser Stelle war ein längerer Artikel über die wichtigsten News vom AASLD (American Association for the Study of Liver Diseases) in San Francisco vom November geplant. Weil bereits nächste Woche in Boston die Retrovirus Konferenz CROI stattfindet und wir von dort berichten werden, beschränken wir uns hier auf das Allerwichtigste in Stichworten. Von der CROI erwarten wir neue Daten im Bereich der HIV/HCV-ko-infizierten Patienten.

  • 8 Wochen Therapie mit Sofosbuvir und Ledipasvir zeigt bei Patienten mit Genotyp 1 sehr guten Erfolg. Kürzere Therapiezyklen von 8 Wochen sollten weiter untersucht werden, besonders weil Patienten in naher Zukunft ohne Fibrosesymptome behandelt werden dürften.
  • Die Heilungsraten für alle direkt aktiven Substanzen (directly active agents DAA; 2 DAA Substanzen, mit oder ohne Ribavirin) bleiben sehr hoch. Auch im Alltag werden mehr als 90% der Patienten definitiv geheilt. Patienten mit Zirrhose, niedrigen Thrombozyten (Blutplättchen), männlichem Geschlecht und mit Therapien, welche nicht den Richtlinien entsprechen, haben ein höheres Risiko für ein Therapieversagen.
  • Beim gegenwärtig nur schwer therapierbaren Genotyp 3 führt die Zugabe von Ribavirin zu Daclatasvir und Sofosbuvir für 12 oder 16 Wochen zu stark verbesserten Ansprechraten innert 12 Wochen bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose oder dekompensierter Zirrhose. Eventuell führt eine Behandlung über 24 Wochen zu noch besseren Heilungsraten (diese Frage ist noch offen).
  • Die kurz vor der behördlichen Zulassung stehende Kombination von Elbasvir & Gazoprevir zeigt bei Patienten mit Genotypen 1, 4 und 6 sowie ko-infizierten Patienten sehr gute Heilungsraten. Die Kombination erweist sich auch als sicher bei Patienten unter Drogensubstitutionstherapie.
  • Die Kombination Sofosbuvir / Velpatasvir während 12 Wochen wird gut vertragen und führt zu hohen Heilungsraten bei therapienaiven und therapieerfahrenen Patienten mit Genotyp 1, 2, 4, 5 und 6, mit und ohne Zirrhose. Dieselbe Kombination zeigt innert ebenfalls 12 Wochen bessere Resultate bei Genotyp 3 als 24 Wochen Sofosbuvir & Ribavirin.
  • Patienten mit dekompensierter Zirrhose sind besonders schwierig zu behandeln. Sofosbuvir / Velpatasvir plus Ribavirin während 12 Wochen führt zu hohen Ansprechraten quer durch alle Genotypen.
  • Zu guter Letzt: Eine kleine Pilotstudie mit drei DAA heilte die generell eher einfach kurierbaren Patienten mit Genotyp 1b innert nur drei Wochen. Die Patienten erhielten eine zufällige Kombination aus 3 direkt aktiven Substanzen mit Sofosbuvir, Ledipasvir, Daclatasvir, Asunaprevir oder Simeprevir. Eine grössere Studie muss diese erstaunlichen Ergebnisse bestätigen. Die SODAPI Studie wurde in Hong Kong mit ausschliesslich chinesischen Patienten durchgeführt.

David Haerry / Februar 2016

Die französische Gesundheitsministerin verkündet am 23. November die Zulassung von PrEP in Frankreich ab 2016. Die Kosten werden vom Gesundheitssystem übernommen. Damit ist Frankreich das erste Land ausserhalb der USA, welches PrEP zulässt. Wir gratulieren.

90-90-90 ist das erklärte Ziel von UNAIDS

  • 90% der Menschen mit HIV kennen ihre Diagnose
  • Davon sind 90% unter Therapie, und
  • Davon haben 90% eine nicht nachweisbare Viruslast

Die Schweizer HIV-Kohortenstudie SHCS präsentiert pünktlich zum Weltaidstag sensationelle Zahlen aus der Schweiz: 81-91-96. Die Schweiz übertrifft damit zwei der Ziele bereits deutlich und steht damit allein auf weiter Flur. Wir kommen in einer nächsten Ausgabe darauf zurück.

Mit der Ausweitung der Limitatio für Daclatasvir (Daklinza©) per 1. Dezember 2015 (bisherige Vergütungen waren limitiert auf die Fibrosestadien 3 und 4, sprich Stadien mit schweren Leberschädigungen) können alle aktuell zugelassenen neuen Hepatitis-C-Medikamente bereits bei einem mittelschweren Leberschaden (Fibrosestadium 2) eingesetzt werden. Wie heute bekannt gegeben wurde, wird die Monatspackung um rund 2000 Franken günstiger und kostet neu 9‘634.10 Franken.

Dies ist vor allem für Patienten mit einer Hepatitis-C-Infektion mit dem Genotyp 3 eine gute Botschaft, da Daclatasvir (kombiniert mit Sofosbuvir (Sovaldi©)) bei diesen Patienten eine wichtige Behandlungsoption darstellt.

Diese Limitatio-Erweiterung stellt einen weiteren Schritt in Richtung der angestrebten Ziele der Hepatitis-Strategie und der Vision der Elimination von viraler Hepatitis in der Schweiz dar.

Bettina Maeschli / November 2015