Bist du selber oder ist ein dir nahestehender Mensch HIV-positiv oder sonst chronisch krank? Willst du deinen Alltag besser bewältigen? Dann laden wir dich zu dem Evivo Kurs «Gesund und aktiv mit Krankheit leben» ein. Wir vermitteln unterschiedliche Strategien die dir helfen, deine Lebensqualität zu verbessern.
Der Positivrat lanciert ein Projekt zur Verbesserung der HIV-Therapie bei Migrantinnen und Migranten.
Der Zugang zur antiretroviralen Therapie zur Behandlung von HIV (ART) ist in der Schweiz seit 1996, dem Beginn der Erhältlichkeit von ART, gewährt. Damit die The-rapie wirkt, müssen die Medikamente jedoch regelmässig eingenommen werden. Das bedingt eine hohe Therapietreue. Oft verhindern psychische Probleme oder das Verständnis, was HIV ist und wie die Therapie wirkt, dass Patientinnen und Patienten aus anderen Kulturkreisen die Medikamente richtig einnehmen.
Das Projekt „Assessment ART-Probleme im Migrationsbereich“ will als ersten Schritt zur Verbesserung der Therapietreue von Patientinnen und Patienten aus Hochprävalenzländern die Probleme analysieren. Weshalb werden Medikamente nicht regelmässig genommen? Warum scheitern Therapieregimes? Gibt es Verständnisschwierigkeiten zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin? Wie können diese überwunden werden? Was brauchen Patientinnen und Patienten, um die Medikamente regelmässig einnehmen zu können? Die Daten werden an den Zentren der Schweizerischen HIV-Kohorte (SHCS) in Basel, Bern, Lausanne, Genf, St. Gallen und Zürich erhoben. In Interviews mit medizinischen Fachpersonen, betreuenden Personen der regionalen Aids-Hilfen sowie den Menschen mit HIV aus Hochprävalenzlän-dern, die in Behandlung sind, werden die Probleme bei der medizinischen Betreuung aus der jeweiligen Sicht der Interviewten erhoben. In einem weiteren Schritt suchen an Roundtable-Gesprächen alle Beteiligten gemeinsam nach Lösungen für die festgestellten Probleme. Das Projekt schafft damit die Grundlage, damit die Lösungen in den behandelnden Zentren eingeführt werden können.
Projektbeginn: Oktober 2012 in Basel
Projektende: Herbst 2014
Daten aus der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie bestätigen den Anstieg von Hepatitis-CInfektionen bei HIV-positiven MSM. Diese Tendenz wird vor allem auf bestimmte sexuelle Praktiken zurückgeführt. Eine wichtige Rolle dürfte allgemein intensiver Drogengebrauch beim Sex spielen. Klare Präventionsansätze bestehen derzeit nicht.
Das systematische Screening der HIV-Patienten nach Hepatitis-C-Viren (HCV) wurde in der Schweizerischen Kohortenstudie (SHCS) 1998 eingeführt. Infektionen waren bei Drogenkonsumenten seither rückläufig und blieben eine Seltenheit bei heterosexuellen Patienten. Bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), ist die HCV-Inzidenz jedoch stark angestiegen, wobei eine verstärkte Dynamik beobachtet wird – die Hälfte aller Fälle ereignete sich in den letzten drei Jahren. Genetische Virusanalysen weisen auf eine Häufung von HCV Übertragungen innerhalb sexueller Netzwerke hin. Die Risikofaktoren werden noch zu wenig verstanden, sie gehen aber mit unsafem Sex einher. 1 2
Was heisst «unsafer Sex» in Bezug auf HCV? «Fisting» ist eine sexuelle Praktik, bei der eine Faust in die Vagina oder ins Rektum eingeführt wird. Dabei entsteht ein HCV-Risiko durch Traumata in Form von Rötungen oder Blutungen. Häufig sind diese eine Folge von Schmerzunempfindlichkeit durch Drogengebrauch, schlechte Technik oder die lange Sessionsdauer. Ein weiteres Risiko ist die Mehrfachgefährdung bei Fisting Parties: Gummihandschuhe werden entweder nicht oder für mehrere passive Partner gleichzeitig benutzt; Dildos werden ohne Reinigung mehrfach bei verschiedenen Männern verwendet, es findet ungeschützter Analverkehr statt, wenn das Rektum bereits blutet – oder der Gummi wird zwischen mehreren passiven Partnern nicht gewechselt. Oft werden auch falsche Gleitmittel eingesetzt; diese können Handschuhe und Kondome zersetzen.
Weiter könnten folgende Praktiken eine Rolle spielen: ungeschützter Analverkehr, Piercen während des Geschlechtsverkehrs oder die Hodensackinfusion mit Kochsalzlösung; zufälliger oder beabsichtigter Spritzentausch, das Austauschen von Sextoys oder Sex mit HCV-Serokonvertierenden in der Akutphase.
Die Verwendung von Drogen und Stimulantia beim Sex ist in der schwulen Fetischcommunity eher Norm denn Ausnahme. Crystal Meth wird häufig verwendet und zunehmend auch gespritzt. Die Verlagerung der Anmache auf virtuelle Kommunikationsmittel entpersonalisiert zudem den Sex und reduziert die Verhandlungsbereitschaft.
Hinter dem vermehrten Drogengebrauch stehen viele Gründe. Lebensstilerwartungen in der schwulen Community spielen eine Rolle, Gruppendruck, die Angst vor sozialen oder intimen Kontakten, Furcht vor sexuellem Versagen, bestimmte Erwartungen an Körper und Aussehen, Alleinsein und Isolation, Depressionen und emotionale Dysfunktion, Drogengebrauch als Lebensstilelement oder aus physischer Abhängigkeit.
Wie soll man betroffenen Patienten begegnen? Sehr wichtig ist das Zeigen von Empathie; psychiatrische oder psychologische Unterstützung ist manchmal, aber nicht immer angebracht. Häufig eine gute Strategie: Man gibt dem Patienten zu verstehen, dass Drogengebrauch nicht unüblich ist, und plant die nächsten Schritte gemeinsam. Ein Problem ist, dass manchen behandelnden Ärzten diese Subkulturen und die entsprechenden Verhaltensweisen nicht bekannt sind oder dass sie diese nicht nachvollziehen können.
Es verbleiben nicht sexuelle Risiken, v. a. Injektionsmaterial, welches professionell oder mit Drogen verwendet wird, sowie der Tausch von Röhrchen zum Schnupfen von Kokain.
Die Ausgangslage für Präventionsmassnahmen ist schwierig, die Zielgruppe klein, und diese benötigt sehr spezifische und umfassende Informationen. Bessere Daten zu einzelnen Risikosituationen sind dringend nötig.* dh
* ¹ van de Laar T, Pybus O, Bruisten S, et al. Evidence of a large, international network of HCV transmission in HIV-positive men who have sex with men. Gastroenterology 2009 May;136(5):1609–1617.
* ² Matthews GV, Pham ST, Hellard M, et al. Patterns and characteristics of hepatitis C transmission clusters among HIV-positive and HIV-negative individuals in the Australian trial in acute hepatitis C. Clin Infect Dis 2011 Mar 15;52(6):803–811.
* ∗ Der Autor dankt Dr. Andri Rauch vom Inselspital Bern für die Durchsicht des Manuskripts.
* Swiss Aids News 1, März 2012, www.aids.ch
Zürich, 28. März 2013
Ende der Diskriminierung von Menschen mit HIV in Privatversicherungen in Sicht?
Lebensversicherungen für Menschen mit HIV sind keine Utopie mehr: Eine aktuelle Studie kommt zum Ergebnis, dass über 50 Prozent der Menschen mit HIV eine Lebensversicherung abschliessen könnten. Denn die meisten HIV-positiven Menschen haben unter antiretroviraler Therapie eine nahezu normale Lebenserwartung. Damit ist der generelle Ausschluss von Menschen mit HIV aus der Lebensversicherung nicht mehr länger gerechtfertigt.
Heute werden Menschen mit HIV im Bereich der Privatversicherungen massiv diskriminiert. Ein Antrag auf eine Lebensversicherungspolice einer HIV-positiven Person wird in den meisten Fällen kategorisch abgewiesen. Dies, obwohl sich die Lebenserwartung von Menschen mit HIV dank der antiretroviralen Medikamente derjenigen der Allgemeinbevölkerung angeglichen hat. Auch Krankenzusatzversicherungen oder Einzeltaggeldversicherungen bleiben HIV-Positiven verwehrt, obwohl über 70 Prozent dieser Menschen einer Erwerbstätigkeit nachgehen und kaum häufiger krank sind als ihre Arbeitskollegen. Ein pauschaler Ausschluss von Menschen mit HIV von einer Lebensversicherung und anderen Versicherungsleistungen ist deshalb nicht mehr gerechtfertigt.
Zu diesem Schluss kommt auch eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift AIDS publiziert wurde. Die Autoren verglichen die Daten verschiedener europäischer Länder bezüglich Lebenserwartung von Menschen mit HIV mit Personen, die eine Lebensversicherung abgeschlossen hatten. Die Resultate zeigen, dass die Sterblichkeit von Menschen mit HIV vergleichbar ist mit derjenigen von Personen mit anderen chronischen Krankheiten, wie zum Beispiel Diabetes. Das macht das Leben von über 50 Prozent der Menschen mit HIV versicherbar.
Lebensversicherungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren
Laut der Studie ist es nicht mehr gerechtfertigt, Menschen mit HIV generell Versicherungsprodukte vorzuenthalten. Den meisten HIV-positiven Menschen könnten Lebensversicherungen über eine Laufzeit von 20 Jahren angeboten werden. Die Autoren werden die Versicherungsindustrie über ihre Ergebnisse orientieren und erhoffen sich eine Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit HIV. Damit rückt der Traum vom Eigenheim oder dem eigenen Geschäft auch für Menschen mit HIV in greifbare Nähe, denn dafür braucht es heute als Garantie in der Regel eine Lebensversicherung.
Die Aids-Hilfe Schweiz und der Positivrat fordern die Versicherungen auf, von ihrer diskriminierenden Praxis abzukehren und Menschen mit HIV gleich zu behandeln wie andere Bevölke-rungsgruppen, welche heute bereits Lebensversicherungen abschliessen können. Ebenso fordern sie die Versicherer auf, ihre Praxis beim Abschluss von Krankentaggeldversicherungen und Krankenzusatzversicherungen zu revidieren.
Details zur Studie:
Die in der medizinischen Fachzeitschrift AIDS publizierte Studie schätzte die relative Sterblichkeit sechs Monate nach Beginn der antiretroviralen Therapie und verglich sie mit der versicherten Bevölkerung in jedem Land der beteiligten europäischen Kohorten, welche der ART Cohort Collaboration angeschlossen sind. Die relative Mortalität von 20-39 jährigen Patienten welche nach sechs Monaten Therapie eine CD4-Zellzahl über 350/mm3 und Virenlast unter 1‘000 erreichten und keine Aids-Diagnose haben betrug 459 Prozent. Die Sterblichkeit ist damit vergleichbar mit anderen chronischen Krankheiten, welche eine lebenslängliche Medikation brauchen, wie zum Beispiel Diabetes. Der Einfluss von HIV auf die Lebenserwartung ähnelt damit demjenigen des Rauchens. Über 50 Prozent der Menschen mit HIV würden sich aufgrund der Studienergebnisse für eine Lebensversicherung qualifizieren.
Link zur Studie
Für weitere Informationen:
Dr. Harry Witzthum, Mitglied der Geschäftsleitung der Aids-Hilfe Schweiz,
Tel.: 079 794 64 91, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dominik Bachmann, Sekretär Positivrat Schweiz,
Tel.: 076 576 36 64, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Am 3.9.12 veranstaltet das Kompetenzzentrum Medizin – Ethik – Recht Helvetiae (MERH), unterstützt durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG), an der Uni Zürich eine Tagung zum Thema: «HIV-Test und Informed Consent»
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